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Auf ein Wort


Liebe Schwestern und Brüder,

 

im Archiv des Pfarrhaus Breddin haben wir es kürzlich wiederentdeckt: Das Gemälde „Christus in Gethsemane“ (Künstler unbekannt), das bis in die 50er Jahre im Altarraum der Breddiner Kirche hing. Das Interesse eines Kurators der Staatlichen Museen Berlin brachte das Bild wieder zum Vorschein. Leider ist es in keinem guten Zustand. Mit Säbel oder Messer wurden das Gemälde irgendwann schwer beschädigt (siehe Foto rechts) und auch der Rest bedarf dringend der Restaurierung. Doch mich selbst fesselte die Ausdrucksstärke der Malerei sofort, als ich es sah: Das Bild zeigt den Heiland im Garten Gethsemane, in der Nacht, als er verraten wurde, kurz vor seiner Verhaftung. Die Bibel spricht davon, dass Jesus anfing „zu trauern und zu zagen“ als er den Garten betrat. Drei Jünger waren bei ihm, doch sie waren ihm keine Hilfe. Jesus bat sie „bleibet hier und wachet mit mir“, doch vergebens. Die Jünger schlafen, während er im Gebet mit Gott ringt. In diesen verzweifelten Stunden ist er allein.

 

Wen könnte unberührt lassen, was sich in Jesu Miene ausdrückt? Erschöpfung, Traurigkeit und Angst – das alles sehe ich in seinem Gesicht. Solche Gesichter sehe ich heute oft in den Nachrichten, die Tag für Tag gesendet werden. Gesichter, die vom Krieg gezeichnet sind, von Gewalt und Unterdrückung. Gesichter unschuldiger Menschen, die keinen Ausweg haben. Doch das Leiden ist nicht nur an fernen Orten. Hinter mancher Haustür ist es zu finden, auch in den Krankenhäusern und Pflegeheimen, überall, wo Menschen schwer krank sind, wo manche vielleicht im Sterben liegen, wo um die Liebsten getrauert wird. Im leidenden, zagenden Christus kann ich den Schmerz der Welt erkennen und zugleich das Leid, die Verzweiflung jedes Einzelnen, dem es nicht gut geht.

 

Und doch gibt es Trost, auch ihn kann ich hier entdecken. Da ist jemand, der Jesus beisteht in dieser finsteren Stunde, der ihm Kraft gibt und Mut: ein Engel ist gekommen. Er reicht Jesus Wein in einem Kelch, er hört ihm zu. Das Gesicht des Engels zeigt Sorge, Mitgefühl und Betroffenheit.

 

Ein leidender Mensch erfährt, dass er nicht allein ist, dass ein anderer ihm Gesellschaft leistet in der Not. Hier auf dem Bild ist es Jesus selbst, der die tröstende Gemeinschaft braucht. Wer einmal sehr krank war oder in Not oder zutiefst traurig, der wird wissen, wie wohltuend es ist, dann Menschen um sich zu haben. Familie oder Freunde, Gefährten, die zuhören und unterstützen, die mit Worten und Taten, allein durch ihre Anwesenheit, zeigen: Du bist mir nicht gleichgültig, dein Leiden berührt mich, ich möchte, dass es dir besser geht, dass du getröstet bist.


Der Engel drückt für mich vor allem aus, dass Gott selbst nicht gleichgültig
bleibt. Gott schickt einen Tröster zum leidenden Jesus, Gott zeigt,
dass er bei ihm ist und bei seinen leidenden Geschöpfen. Und durch
Jesus hat Gott seinen Platz bestimmt: im Leiden und in der Angst zeigt
er mir: Du bist mir nicht gleichgültig, ich weiß, was es bedeutet, Schmerzen
und Angst zu haben, ich weiß, was es heißt, sterben zu müssen.
Im Leid ist mir Gott nah, das ist eine Botschaft der Passionszeit. Doch
das ist nicht alles. Nach der dunkelsten Stunde an Karfreitag leuchtet am
Ostermorgen die Sonne auf, das Licht des Lebens. Leid und Tod sind
überwunden. Jesus ist auferstanden von den Toten.
Das ist Hoffnung für uns alle, die wir ängstlich und leidend und sterblich
sind. Und wieder ist ein Engel zur Stelle, der den Frauen am Grab und
aller Welt die tröstlichste aller Botschaften verkündigt: Er ist auferstanden!
Das sprechen wir uns zu an Ostern und tragen es weiter im Ostergruß:
Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Passionszeit und ein frohes und
gesegnetes Osterfest! Ihre Pfarrerin


Petra Leukert